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Eine norddeutsche Liebe - vom Feld bis auf den Teller

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Hier wird Grünkohl geerntet

Der Duft von köchelndem Grünkohl ist betörend, sein Geschmack mit dem Norden so verbunden wie das Schmuddelwetter mit dem Herbst. Das Wintergemüse ist ein Klassiker – und kann doch ganz modern zubereitet werden. Ihn anzubauen, verlangt Landwirten körperliche Arbeit ab, denn mit Maschinen kommen sie nicht weit. 

Wie Grünkohl geerntet, verarbeitet und zubereitet wird, wie die Leute ihn am liebsten essen, und welche Inhaltsstoffe ihn so gesund machen, erfahrt ihr in der folgenden Multimedia-Reportage. Eine Wahrheit sei dabei schon verraten: Die Palme des Nordens bringt die Menschen zusammen.
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Ab aufs Feld!

Grünkohlzeit ist Handarbeitszeit. Von oben bis unten in einen Regenanzug einpackt stehen Oliver Gade und seine Helfer früh morgens auf dem Feld in Bardowick.

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So ungefähr 400 Jahre hat der Hof an der Wittorfer Straße in Bardowick auf der Uhr. "Ganz genau weiß das keiner", sagt Oliver Gade, der den Betrieb im Jahr 1998 von seinem Vater Wilhelm übernommen hat. "Mein Vater hat in einer alten Scheune, die habe ich gar nicht mehr mitbekommen, mal einen Balken gefunden." Der 54-Jährige erzählt, dass darauf "Gade – sechzehnhundertirgendwas" gestanden habe. Daraus schließt die Familie, dass ein Vorfahre irgendwann im Laufe des 17. Jahrhunderts eine Scheune auf dem Areal gebaut hat, die es heute nicht mehr gibt. Also vor 400 Jahren. 

Gade wird seit 20 Jahren von seiner Frau Frauke (48) unterstützt. Er ist der Landwirt, sie macht die Buchhaltung. Vier Sorten Gemüse baut das Ehepaar auf 55 Hektar Ackerland an. Auf 7,5 Hektar wächst Grünkohl.  

Ob den Gades Grünkohl überhaupt schmeckt, wo sie doch mit einer kurzen Unterbrechung das gesamte Jahr über damit zu tun haben? „Sicher. Man muss den ja auch nicht immer so klassisch machen. Gibt ja Leute, die machen den mit Nudeln oder in die Quiche. Man kann auch Chips aus Grünkohl machen“, sagt Oliver Gade, der mit "Leute" übrigens seine Liebste meint, eine Diplom-Diätassistentin. Sie weiß genau um die wertvollen Inhaltsstoffe und kann mit ihrer Ausbildung und der Erfahrung aus der Gastronomie das Beste aus der Pflanze herausholen.



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Im Mai wird der Grünkohl gesät, die Jungpflanzen werden dann im Juli aufs große Feld umgesetzt. "Das ist die Zeit, die er braucht, um groß zu werden", sagt Oliver Gade. "Da haben wir gute Erfahrungen gemacht."

Spannend: Die Erntezeit richtet sich auf dem Hof nach dem Handel. Anfang Oktober werden die ersten Tüten befüllt und in den Einkaufsläden "zur Schau gestellt. Dann kommt ein Loch, weil's noch zu warm ist. Und Ende Oktober geht es dann richtig los". 

Die beste Qualität hat der Kohl erfahrungsgemäß von Anfang November bis Weihnachten. Gade: "Danach fängt er dann auch an, erste schlechte Nester zu kriegen, die man dann rauspulen muss. Also: Es ist besser, Grünkohl vor Weihnachten zu essen."  

Was sind denn optimale Grünkohl-Bedingungen? Neben Nährstoffen, Wasser und Licht mag der Grünkohl die kalten Monate, gar nicht so sehr Sonne. "Lieber ist ihm abends ein bisschen Feuchtigkeit, der Tau morgens. Da legt er dann zum Schluss nochmal zu."


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Auf Gades Hof in Bardowick steht richtig Arbeit an, wenn die Grünkohl-Saison startet. 80 Tonnen werden hier auf 7,5 Hektar geerntet, verarbeitet und für den Abtransport vorbereitet. Sechs Saisonkräfte werden dafür in der Regel engagiert. Diese Drohnenaufnahme zeigt das Wohnhaus von Frauke und Oliver Gade (unten rechts mit roter Fassade), nebenan wohnt Gade Senior. Drumherum verteilen sich Scheunen, Schuppen, Maschinen und Felder.
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Oliver Gade schmunzelt, als er gefragt wird, was es eigentlich mit dem Thema Frost auf sich hat. "Ja, das ist so 'ne Sache. Das hängt bei allen Leuten so fest in den Köpfen drin, dass Grünkohl Frost braucht." Dabei sei dies absolut nicht mehr notwendig, macht er deutlich. Die Sorten würden heute anders gezüchtet als früher  – süßer, milder, weicher. 

Lediglich alte Sorten wie die Lerchenzunge könnten etwas herber und härter in der Blattstruktur sein. "Da kann es sein, dass er diesen Frost noch braucht, um besser zu schmecken. Aber die neuen Sorten haben das nicht mehr nötig."

Apropos: Das Kreuzblütengewächs gibt es in allerhand Varianten, insgesamt rund 80 Sorten. Gade baut auf einem kleinen Feld neben seinem Hof probeweise eine palmenartige Sorte an, die gezüchtet wurde, um maschinelle Ernteversuche starten zu können. Einen irrenführenden Namen trägt der rote Grünkohl auf diesem Foto, er überzeugt durch seinen lieblichen Geschmack. "Weniger Bitterstoffe", klärt der Experte auf. Und jetzt kommt der Hammer: Kocht man den roten Grünkohl, wird er grün. 

Auch der Handel gebe immer wieder Impulse, um neue oder andere Sorten auszuprobieren. Draußen zwischen den Windrädern baut Gade eine kleinblättrige Sorte an. Diese soll nicht in einzelnen Blättern, sondern als ganze Pflanze "mit einer Pappbanderole im Supermarkt verkauft werden". 


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Vom Stribbeln bis zum Abtransport

Mit einem Messer wird jede einzelne Grünkohlpflanze geerntet, dann werden die Blätter von den Rippen gezogen und eingetütet. Auf Maschinen möchte Oliver Gade nicht setzen, Handarbeit sichert eine höhere Qualität: "Man hat sonst die ganzen Stiele dazwischen und die gelben Blätter, die rausgesucht werden müssen." 

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Oliver Gade im Interview: "Das ist gesund"

Vier Hauptkulturen pflanzt der Gemüsebauer in Bardowick an: im Sommer Fenchel und Zucchini, im Winter Grünkohl und Rote Beete. Die Grünkohl-Ernte läuft bis in den Januar. 

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Umfrage auf dem Wochenmarkt

Umfrage auf dem Lüneburger Wochenmarkt

Händler und Passanten erzählen, wie sie zum Thema Grünkohl stehen – und wie ihr perfekter Teller aussehen muss. 

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Ernährungsexpertin im Interview

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Sabine Zarling (58) beschäftigt sich schon ihr gesamtes Berufsleben mit Essen und Trinken. Erst als Food-Journalistin und inzwischen auch als Ernährungsberaterin. Die Lüneburgerin erzählt, was Grünkohl so gesund macht, wie vielfältig er einsatzbar ist und wo der Trend mit dem Superfood eigentlich herkommt. 

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Grünkohl-Fakten

Grünkohl fällt unter den Begriff Superfood. Er hebt sich ab von anderen Gemüsesorten, zum Beispiel durch seinen Reichtum an Beta-Carotin, Vitamin C, Kalzium und Ballaststoffen. Der Kohl besteht zu 86 Prozent aus Wasser, 100 Gramm liefern 45 Kalorien und enthalten ein Gramm Fett.

Die unverdaulichen Pflanzenfasern sind bestes Futter für den Darm. Sie machen länger satt, regen die Verdauung an, senken den Cholesterinspiegel, wirken sich günstig auf die Blutzuckerwerte aus und verringern das Darmkrebsrisiko.

Für ein Gemüse enthalten die krausen Blätter viel Eiweiß – sogar etwas mehr als Vollmilch. Sein Gehalt an Kalzium ist doppelt so hoch wie in Milch oder Joghurt. Grünkohl ist deshalb eine gute, pflanzliche Kalziumquelle für alle, die keine Milch und Milchprodukte verwenden.

Das fettlösliche Vitamin K ist reichlich vorhanden, mit 100 g Grünkohl deckt man seinen Tagesbedarf um etwa das Elffache. Vitamin K ist wichtig für die Blutgerinnung, Wundheilung und den Knochenaufbau.

Auch beim Vitamin C punktet Grünkohl: Es enthält doppelt so viel Vitamin C wie Zitronen, Orangen oder Kiwis. Vitamin C schützt die Zellen und stärkt die Immunabwehr.

Besonders reich ist Grünkohl an Beta-Carotin. Kein Lebensmittel enthält davon mehr als Grünkohl, nicht mal die Möhre. Beta-Carotin wird im Körper zu Vitamin A umgebaut, wichtig für das Sehen, die Immunabwehr, die Haut sowie für die Bildung neuer Zellen.

Obwohl die Aufnahme von sekundären Pflanzenstoffen nicht lebensnotwendig ist, fördern sie die Gesundheit. Zu ihnen zählen die Farb-, Duft- und Aromastoffe in den Pflanzen. Und die ballen sich im Grünkohl. Stark vertreten sind die gelben bis roten Farbstoffe, die Carotinoide, die gelb bis kräftig blauen Farbstoffe, die Flavonoide, sowie die ätherischen Senföle, die Glucosinulate.

Sekundäre Pflanzenstoffe wirken antioxidativ, entzündungshemmend und verbessern die Immunabwehr. Kurzum: Sie verringern das Risiko für bestimmte Krebs- und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Ihr natürlicher Schutz wird durch Anwesenheit von Vitamin C und E noch größer.

Zu den genannten Inhaltstoffen gesellen sich noch reichlich Eisen und Folsäure. Grünkohl enthält in etwa halb so viel Eisen wie Spinat. Das Spurenelement ist unerlässlich für den Sauerstofftransport. 

Damit die Inhaltsstoffe des Grünkohls bestmöglich erhalten bleiben, können die Blätter auch roh in Salaten oder Smoothies verzehrt werden. Das Gemüse kurz garen – wie Spinat, als Suppe oder mit anderem Gemüse, Reis oder Nudeln genießen.

Sabine Zarling 

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André Schneider kocht

Grünkohl "Asia Style"

Ein Rezept, das Grünkohl mal ganz anders auf den Herd bringt, zeigt uns der Lüneburger Koch André Schneider in diesem Video. 

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Zutaten für zwei Personen
  • 400 - 500 g frischer Grünkohl 
  • 1 EL Sonnenblumen-, Walnuss- oder Kokosöl
  • 1/2 EL Ingwer, kleingeschnitten 
  • 1/2 EL gelbe Curry-Paste 
  • 2 Stk. Knoblauchzehen, kleingeschnitten
  • 1 Stk. Möhre, in Streifen 
  • 250 ml Kokosmilch 
  • 100 ml kräftige Hühner- oder Gemüsebrühe 
  • 1 Prise Salz 
  • 1 Prise Kurkuma 
  • 2 bis 4 Stk. Cherrytomaten, Nüsse, Koriander & Frühlingslauch zur Garnitur 

Zubereitung
Den frischen Grünkohl zwei bis drei Minuten blanchieren, kurz ausdrücken und für ca. 15 Minuten auf einem Küchentuch trocknen lassen. 

Währenddessen das Öl in die Pfanne geben, den Ingwer mit dem Knoblauch, der Möhre und der Curry-Paste dazu geben und kurz anschwitzen. 

Anschließend mit Kokosmilch und Brühe ablöschen und mit Salz und Kurkuma abschmecken. 

Alles eine Minute köcheln lassen und dann den Grünkohl dazu geben. Gut miteinander vermengen und nochmal eine Minute köcheln lassen. Bei Bedarf mit etwas Maisstärke binden.

Nach Belieben mit Cherrytomaten, Nüssen, Koriander und/oder Lauch garnieren.

Dazu passt gebratener Lachs, gebratenes Hähnchen, oder wer es gern vegetarisch mag, kann noch etwas mehr Gemüse oder Seitan dazu geben – oder Teriyakisoße für etwas mehr Würze. 






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Grünkohl klassisch

Grünkohl klassisch: Ab in die Wanne!

Um den gröbsten Sand aus dem Grünkohl zu bekommen, wäscht Erika Plambeck ihn in der Badewanne. Die dreckige Suppe, die zurück bleibt, spricht für sich...

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Erika Plambeck, 74, kocht seit 60 Jahren

Langweilig wird der Frau, die sich im Dorf beim Deutschen Roten Kreuz und bei den Landfrauen engagiert, nicht. Sie hat viele Hobbys, Kochen gehört auch dazu. Wir schauen ihr bei der Grünkohl-Zubereitung über die Schulter. 

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Nicht mal eben gemacht

Die Familie Plambeck isst den Grünkohl am liebsten, wenn er gut durchgekocht ist. Zwei bis drei Stunden gibt die 74-Jährige dem Gemüse, und dann köchelt er nochmal eine Stunde mit Schweinebacke weiter auf dem Herd. 

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Die kandierten Kartoffeln haben sich durchgesetzt

Die Schwiegersöhne kannten Grünkohl nur mit Salzkartoffeln. Deshalb gab es da immer eine Extra-Pfanne. Heute ist das Geschichte. Alle essen die Kartoffeln gern süß, auch die Enkeltochter.

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Lasst es euch schmecken!

Der Tisch ist gedeckt, das Essen serviert, ran an den Speck: Genug in der Küche gestanden, jetzt ist Grünkohlzeit. 

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Credits

Diese Pageflow-Reportage ist ein Projekt der Landeszeitung für die Lüneburger Heide.

Konzept
Anna Paarmann

Redaktion und Gestaltung

Anna Paarmann, Kevin R. Thomas, Laura Treffenfeld, Thorsten Lustmann

Text und Recherche
Anna Paarmann, Kevin R. Thomas, Laura Treffenfeld

Fotos, Videos
Andreas Tamme, Philipp Schulze 

Schnitt
Anna Paarmann, Kevin R. Thomas 

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